Es gibt verschiedene Wege, die mit Trennung und Scheidung verbundenen Fragen zu klären. Sie unterscheiden sich vor allem darin, welche Einflussmöglichkeiten die betroffenen (Ex-) Partner auf den Prozess und die Ergebnisse haben. Vier davon sind bei uns bekannt und werden auch praktiziert:

  1. Die erste Möglichkeit ist der Küchentisch. Dies bedeutet, dass sich das Paar am eigenen Küchentisch (oder einen sonstigen Tisch) zusammensetzt und selbst die im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung auftretenden Fragen klärt. Dies ist sicherlich die preiswerteste Methode aber auch die Methode, die am seltensten wirklich zum Erfolg führt (auch wenn sie von den meisten Paaren zunächst versucht wird). Grund ist, dass die Beteiligten in der Trennungs- und Scheidungsphase in aller Regel hoch emotionalisiert sind und kaum in der Lage, die anstehenden Probleme sachlich, emotionslos und ohne Aggression zu besprechen (wäre es anders, würden sie sich ja nicht scheiden lassen). Da keine Dritten in den Prozess eingebunden sind, haben die Beteiligten natürlich bei diesem Verfahren den höchsten Einfluss sowohl auf das Vorgehen als auch auf das Ergebnis.
  2. Etwas weniger Einfluss auf das Verfahren selbst aber immer noch vollen Einfluss auf das Ergebnis haben die Beteiligten bei der Mediation. Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt (§ 1 MediationsG). Durch die Mediatorin oder den Mediator können die Emotionen besser unter Kontrolle gehalten werden und das strukturierte Mediationsverfahren hilft, Probleme interessengerecht und konsensual gelöst werden. Auf diesem Blog finden Sie unter der Kategorie „Mediation“ eine Vielzahl von Informationen. Die Rechtsanwälte bleiben bei der Mediation in aller Regel im Hintergrund als reine Beratungsanwälte.
  3. Wenn sich das Paar nicht zur Mediation bereit findet, wird bei uns in der Regel dann jeweils ein Anwalt oder eine Anwältin beauftragt. Diese versuchen dann normalerweise, die entstandenen Fragen außergerichtlich zu klären, durch Schriftwechsel oder Verhandlungen zwischen den Anwälten. Der Einfluss der Parteien auf das Verfahren geht fast gegen Null, der Einfluss auf das Ergebnis schwindet auch (auch wenn die Parteien ja letztendlich entscheiden, ob sie das Verhandlungsergebnis so akzeptieren wollen, werden sie doch meistens dem Rat des jeweiligen Rechtsanwalts folgen). Die Kosten der Konfliktbearbeitung steigen nun bereits erheblich, je nachdem, was Gegenstand des Anwaltsauftrags ist.
  4. Bei Scheitern der außergerichtlichen Konfliktbearbeitung bleibt nur der Weg zum Gericht. Hier entscheidet die Richterin oder der Richter (oder bei den höheren Instanzen die Richter) über die streitige Rechtsfrage. Die Parteien haben kaum noch Einfluss auf das Ergebnis (es sei denn, es wird vor Gericht ein Vergleich geschlossen). Das Verfahren kann von den Parteien so gut wie überhaupt nicht gesteuert werden (abgesehen von einer Antragsrücknahme oder einem Anerkenntnis). Sie sind dann Spielball des Gerichts. Auch die Kosten steigen nochmals erheblich, zumal ja in aller Regel auch zuvor außergerichtliche Klärung versucht wurde.

Ausgehend von den USA entwickelt sich mittlerweile eine fünfte Methode der Konfliktbearbeitung und –Lösung gerade in Trennungs- und Scheidungssituationen: Die kollaborative Konfliktlösung (Collaborative Law). Ihr Platz ist zwischen der Mediation (siehe oben 2.) und dem anwaltlichen Verhandeln (oben 3.). Bei der kollaborativen Konfliktlösung wird von vornherein mit den jeweiligen Mandanten eine entsprechende Vereinbarung getroffen, dass man sich verpflichtet, die anstehenden Fragen einvernehmlich ohne Einschaltung eines Gerichts zu lösen. Besonders ausgebildete Anwälte helfen, die Interessen ihrer Mandanten herauszufinden und passende Vereinbarungen gemeinsam mit den Mandanten und dem anderen Anwalt zu entwickeln. In aller Regel werden auch andere Spezialisten hinzugezogen wie etwa Coaches, Mediatoren, Kinderpsychologen und Finanzspezialisten. Die Verhandlungen finden – wie in der Mediation – in gemeinsamen Sitzungen statt. Die Parteien behalten weitestgehenden Einfluss auf das Ergebnis der Verhandlungen. In Deutschland ist dieses methodische Vorgehen bei Scheidungen bzw. Trennungen noch weitgehend unbekannt. Es fehlen hier auch ausgebildete Anwälte, die in der Lage sind, einen solchen kollaborativen Prozess einzuleiten und zu strukturieren. Mediation-Saar ist dabei, in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen ein entsprechendes Kurrikulum für die Ausbildung von Rechtsanwälten zu entwickeln, um diese Art des Verfahrens auch bei uns nutzbar zu machen.

Weitere Informationen: Collabrative Law Institute of Minnesota, Wikipedia, in Österreich: Recht im Dialog, CL-Expertteam Wien