Vor wenigen Tagen wurde ein prominenter Anwalt aus Arizona und sein Mandant von dem anderen an der Mediation Beteiligten erschossen. Es ging um eine Auseinandersetzung zwischen einem Schreiner und einem Callcenter. Der Schreiner hatte den Auftrag, das Großraumbüro des Callcenters zu renovieren und teilweise neu einzurichten. Er hatte von dem 47.000 $-Auftrag bereits 30.000 $ kassiert und wollte den Restbetrag haben, obwohl er nicht in der Lage war, den Auftrag zu beenden. Es kam wegen der Restforderung zu einer Mediation. Im Laufe der Mediation erklärte der Schreiner, dass er zu seinem Auto gehen müsse. Die Gegenseite ging davon aus, dass die Mediation beendet sei und wollte das Bürogebäude, in dem die Mediation stattfand, verlassen. In diesem Moment erschien der Schreiner mit einem Gewehr und erschoss den Vertreter des Callcenters und verletzte dessen Anwalt so schwer, dass er am gleichen Abend verstarb.

Der Schreiner floh zunächst mit seinem PKW, wobei er noch auf einen Verfolger schoss, ohne ihn zu treffen. Er wurde später tot in seinem Auto in einer Tiefgarage aufgefunden. Er hatte sich selbst das Leben genommen.

Das ist eigentlich genau das, was mit der Mediation vermieden werden soll, nämlich dass der Konflikt weiter eskaliert und hier letztlich so weit, dass die letzte Stufe der Konflikteskalation erreicht wurde, das „gemeinsam in den Abgrund“. Was in der Mediation abgelaufen ist, ist nicht näher bekannt. Zum einen mag eine solche Entwicklung auch ihren Grund darin haben, dass Mediation in den USA oft (nicht immer) anders abläuft, als bei uns. Hier gibt es meistens ein erstes gemeinsames Gespräch mit den „Opening Statements“ der beiden Parteien bzw. ihrer Anwälte. danach wird im Rahmen von Einzelgesprächen in Pendeldiplomatie des Mediators weiterverhandelt. Der bei uns in der Mediation entscheidende Schritt, die hinter den Positionen stehenden wirklichen Interessen herauszufinden, geht dabei – dies ist zumindest mein Eindruck, wenn man Berichte von Mediationen in den USA liest – gelegentlich verloren.

Sicher ist, dass man niemanden zwingen kann, seine wahren Hintergründe darzulegen – auch nicht in Einzelgesprächen. Jede an der Mediation teilnehmende Partei bestimmt selbst und eigenverantwortlich das Maß der eigenen Offenheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich im Rahmen einer Mediation Aggressionen so weit aufstauen, dass es zu derartigen Kurzschlussreaktionen kommt, ist aber wesentlich geringer als in einem Gerichtsverfahren. Immerhin besteht ja im Rahmen der Mediation immer die Möglichkeit, seiner Unzufriedenheit und seinem Unmut Ausdruck zu geben und ein Mediator wird dem auch Raum geben.

Bericht des ABA-Journals