Unter welchen Voraussetzungen das Gericht eine öffentliche Zustellung anordnen darf und was passiert, wenn die öffentliche Zustellung für das Gericht erkennbar nicht zulässig war, damit beschäftigt sich das Landesarbeitsgericht Saarland in einem Urteil vom 20.12.2006 (Aktenzeichen 2 Sa 27/06).

Der Kernsatz des Gerichts lautet: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Partei von einer öffentlichen Zustellung tatsächlich Kenntnis erlangt, ist gering.Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung führt daher regelmäßig dazu, dass der Partei rechtliches Gehör in dem Verfahren tatsächlich nicht gewährt wird. An die Feststellung, dass der Aufenthalt einer Partei unbekannt ist, ssind deshalb hohe Anforderungen zu stellen.

In dem entschiedenen Fall war dem Beklagten die Klage und später das Versäumnisurteil öffentlich zugestellt worden. Der Beklagte hatte, kurz nachdem er von dem gegen ihn existierenden Versäumnisurteil erfahren hatte, mehrere Jahre nach der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils gegen ihn Einspruch eingelegt und zugleich wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Arbeitsgericht hatte den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückgewiesen, da Wiedereinsetzung gem. § 234 Abs. 3 ZPO nur innerhalb eines Jahres nach Ablauf der versäumten Frist beantragt werden könne. Die (öffentliche) Zustellung des Versäumnisurteils lag aber bereits mehrere Jahre zurück.

Auf die sofortige Beschwerde hin hob das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf und meinte, dass die Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht habe ergehen dürfen. Da der Beklagte geltend gemacht habe, dass die öffentliche Zustellung nicht habe bewilligt werden dürfen und das Gericht dies habe erkennen können, sei er nicht auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verweisen, da es an einer wirksamen Zustellung gefehlt habe, die die Frist zum Laufen gebracht habe. Deshalb sei in dem laufenden Verfahren zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung vorgelegen hätten.

In dem erstinstanzlichen Verfahren hielt das Arbeitsgericht dann durch Urteil das Versäumnisurteil aufrecht, da der Anspruch nicht verjährt sei. Die gerichtliche Geltendmachung habe die Verjährung wirksam unterbrochen. Die Unterbrechung dauere nach § 211 Abs. 1 BGB alter Fassung bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung des Rechtsstreits an.

Gegen diese Entscheidung wandte sich der Beklagte mit der Berufung. Das Landesarbeitsgericht Saarland hat der Berufung stattgegeben und das unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsgericht habe versäumt, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung vorgelegen hätten. Wenn die Klage und das Urteil nicht wirksam zugestellt worden wäre, wäre Rechtshängigkeit und damit eine Unterbrechnung der Verjährung nicht eingetreten. Das Landesarbeitsgericht führt aus, dass es nicht ausreicht, eine Meldeauskunft vorzulegen, aus der sich ergibt, dass der Aufenthaltsort des Beklagten damals unbekannt war. Im Hinblick auf die oben ausgeführten Grundsätze hätte die Klägerpartei weitere Ermittlungen vornehmen müssen, etwa bei Nachbarn oder dem früheren Vermieter nachfragen. Dies habe die Klägerseite nicht getan. Dass solche Nachforschungen ohne weiteres möglich, nötig und auch zumutbar gewesen seien, hätte seinerzeit auch das Gericht erkennen können und müssen. Von der Möglichkeit der öffentlichen Zustellung dürfe nur äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht werden. Demnach war die öffentliche Zustellung der Klage und des Versäumnisurteils nicht zulässig gewesen, eine wirksame Zustellung sei nicht erfolgt.