Mit Visualisierung oder Veranschaulichung (Sichtbarmachen) meint man im Allgemeinen, abstrakte Daten (z. B. Texte) und Zusammenhänge in eine graphische bzw. visuell erfassbare Form zu bringen (Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Visualisierung).

Nach meinem Abitur stand ich vor der Wahl, entweder Grafik-Design oder Jura zu studieren. Da ich von meinen künstlerischen Begabungen nicht so sehr überzeugt war, habe ich mich letztendlich für das Studium des Rechts entschieden. Aber Grafik hat mich immer weiter interessiert. In den letzten Jahren wurde auch die Methode der visuellen Dokumentation (Graphic Recording) und der visuellen Moderation (Visual Facilitation) bei uns immer bekannter. Mich hat das fasziniert und ich setze Infografiken in den von uns angebotenen Ausbildungsgängen in Mediation ein.

Bereits seit langem hat mich die Frage beschäftigt, wie man diese Techniken in der Mediation fruchtbringend einsetzen kann. Zwei Bedingungen galt es für mich dabei zu erfüllen: Einmal musste die Methode so gestaltet sein, dass sie auch von Menschen, die sich für grafisch minderbegabt halten und das sind die meisten Erwachsenen, ohne Hemmungen angewandt werden kann. Zum anderen war für mich wichtig, dass sie dem Mediationsverfahren auch einen echten Mehrwert bringt.

Es werden bereits Seminare über Visualisierung in der Mediation angeboten. Soweit ich aus den Beschreibungen der Seminare ersehen konnte, sollen sie Mediatoren befähigen, einfache Bilder zu produzieren, der echte Bezug zum Mediationsverfahren fehlt allerdings. Sicher lässt sich Graphic Recording oder Visual Facilitation in der Mediation einsetzen. Ich denke aber, dass ein Mediator eigentlich mit dem aktiven Zuhören und dem Kontrollieren des Dialogs schon so beschäftigt ist, dass er keinen geistigen Spielraum hat, sich noch schöne Bilder auszudenken geschweige denn die Zeit, diese noch auf dem Flipchart aufzumalen. Sie wissen ja, dass der menschliche Arbeitsspeicher sich auf 7 +/- 2 Informationseinheiten (Millersche Zahl) beschränkt.

Jeder hat seine kreativen Räume. Für mich sind die langen Spaziergänge mit meinen Hunden die kreativsten Zeiten. Auf diesen Hundespaziergängen ist das nunmehr vorliegende Konzept des strukturierenden Visualisierens gereift.

Das hier vorgestellte Verfahren ist so gestaltet, dass es von jedem Mediator, gleichgültig, ob er sich für einen begabten Zeichner hält oder nicht, erlernt und ausgeübt werden kann. Jeder, der schreiben kann (ich unterstelle mal, dass jeder, der Mediation erlernt hat, auch schreiben und lesen kann), kann auch mit der srukturierenden Visualisierung arbeiten.

Bei jeder Schulung von angehenden Mediatoren und auch in fast jedem Buch zu diesem Thema wird hervorgehoben, wie wichtig die Visualisierung für die Mediation ist und dass sie den Unterschied zum juristischen Verfahren (mit) ausmacht. Das Visualisieren erschöpft sich in den meisten Ausbildungen und den meisten Büchern über Mediation darin, auf dem Flipchart Themen, Interessen oder Lösungsvorschläge aufzulisten, möglicherweise auch noch säuberlich nach Medianden getrennt.

Visualisieren in der Mediation bedeutet für mich also nicht, schöne bunte Bildchen zu malen aber auch nicht, nur Listen zu erstellen. Richtig angewandt kann das strukturierende Visualisieren in der Mediation auch einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, das gesamte Verfahren und den Ablauf für die Medianden und auch den Mediator transparent zu machen, so dass man immer sofort sieht, wo man sich gerade im Mediationsprozess befindet. Es geht aber auch darum, immer den Überblick darüber zu behalten, was schon in der Mediation geleistet wurde, welche Sichtweisen die Beteiligten haben, welche Interessen und Bedürfnisse und so weiter. Am Ende sollen alle Beteiligten einschließlich des Mediators den gesamten Ablauf der Mediation nachvollziehen können.

Die Methode des strukturierenden Visualisierens in der Mediation hilft nicht nur den Medianden, sondern auch den Mediatoren, die Struktur des Mediationsverfahrens einzuhalten. Die Visualisierung gibt auch einen schnellen Hinweis, in welcher Phase sich die Mediation gerade befindet.

Diese Methode kann auch bei allen Mediationen angewandt werden, sei es eine Trennungs- und Scheidungsmediation, eine Mediation in der Arbeitswelt oder eine Wirtschaftsmediation und wa sonst noch als Mediationsgegenstand denkbar ist. Sie ist für jedwede Mediation geeignet und von Vorteil.

Im Teil 2 geht es dann um die Moerationswand.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde ausschließlich die männliche Form gewählt. Gemeint sind selbstverständlich alle Geschlechter.