Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht in Karlsruhe auseinanderzusetzen. Ein noch nicht dreijähriges Kind war im Jahre 2011 auf einem ländlichen Reitturnier in einen offen stehenden Pferdetransportanhänger gelaufen und dort von einem Pferd schwer verletzt worden. Nun stritt man sich, wer in welchem Umfang haftet: Die Eltern des Kindes wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht, die Halterin des Pferdes wegen der Tierhalterhaftpflicht oder fehlender Überwachung des Pferdes und der veranstaltende Reitverein wegen Verletzung der Verkehrssichtungspflicht.

Das Kind hatte zunächst die Pferdehalterin und den Reitverein verklagt. Dort wurde die Pferdebesitzerin dem Grunde nach verurteilt, die Klage gegen den Verein abgewiesen. Das Verfahren ist wegen der Höhe noch nicht beendet.

Dann haben die Pferdehalterin und deren Haftpflichtversicherung die Eltern des Kindes wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Regress genommen. Das Landgericht hat die Eltern zu 2/3 haftbar gemacht. Über die Berufung ist noch nicht entschieden.  Nunmehr haben die Pferdehalterin und ihre Haftpflichtversicherung den Reitverein in Regress genommen. Das Landgericht Freiburg hat insoweit die Klage abgewiesen. In einem Urteil vom 20.04.2018 (14 U 173/16) hat das Oberlandesgericht Karlsruhe nun das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Verein zu einem Drittel haftbar gemacht.

Das Gericht hat die Beteiligten zu je einem Drittel haftbar gemacht, die Eltern, die Pferdehalterin und den veranstaltenden Reitverein. Die Eltern hätten nach Auffassung der Richter das Kind auf einer solchen Veranstaltung lückenlos überwachen müssen, da das Kind hohen Gefahren durch die Pferde ausgesetzt war, zumal die Pferdeanhänger aufggrund der hohen Temperaturen all offen standen zum Schutz der Gesundheit der Pferde und damit eine Gefahr bestand, dass sich die Kinder den Pferden nähern. Der Pferdehalterin werfen die Richter vor, dass sie ihr Pferd, das in einem geöffneten Anhänger stand, nicht über längere Zeit hätte unbeaufsichtigt lassen dürfen, zumal sich viele Besucher und Kinder auf dem Turnier befanden.

Aber auch dem Verein sei ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen. Der Abstellbereich der Pferdeanhänger sei nicht abgegrenzt gewesen und daneben hätte sich noch eine Ausstellung von landwirtschaftlichen Geräten und eines Autos befunden, so dass die Zuschauer diesen Bereich – zwar auf einem Radweg – hätten berühren müssen. Der Verein hätte – so die Richter –  zumindest ein Vereinsmitglied als Aufsicht abstellen müssen, das den Abstellbereich hätte überwachen müssen.

Bei der Quotelung geht das Gericht von einer gleichwertigen Verletzung der jeweiligen Pflichten aus, so dass jeder der Beteiligten zu gleichen Teilen haftet. Dass das Kind von den Eltern hätte lückenlos überwacht werden müssen, führe nicht zu einer Neutralisation der Verkehrssicherungspflicht des Vereins.Der Verein hätte einkalkulieren müssen, dass sich auch kleiner Kinder der Aufsicht der Eltern entziehen könnten.

Sehr praxistauglich ist diese Entscheidung meiner Meinung nach nciht. Es ist auf einem Reitturnier nicht möglich, den Abstellbereich der Transportfahrzeuge so zu überwachen, dass Kinder nicht mit den Pferden in Berührung kommen können. Insoweit sind die Eltern in der Pflicht. Auch eine ständige Überwachung ist kaum zu leisten. Das Urteil macht es den Turnierveranstaltern nicht gerade leichter, angesichts immer mehr schwindender freiwilliger Helfer, ein Turnier zu stemmen.