… eine solche Klage einzureichen. Mut zur Klage muss man zumindest dem Kläger in dem nachfolgend geschilderten Verfahren vor dem Saarländischen Oberlandesgericht 5 U 28/17 (hier kann das Urteil als PDF heruntergeladen werden) zugestehen.

Der Kläger war seit 2001 Universitätsprofessor an der Universität des Saarlandes im Universitätsklinikum als Direktor der Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral- und Gefäßchirurgie tätig. Am 09. März 2012 schied er mit Wirkung zum 1.6.2012 freiwillig aus dem Beamtenverhältnis aus.

Wie er selbst eingestand ließ sich der Kläger von gesetzlich versicherten Patienten eine gesonderte Vergütung bezahlen. Er schloss allerdings keine Verträge über entsprechende Wahleistungen bzw. gesonderte Behandlungsverträge.

am 20.09.2010 setzte die Leitung der Universitätsklinik den Saarländischen Wirtschaftsminister davon in Kenntnis, dass “ eine Patientin mit Tumorleiden um einen Operationstermin im UKS ersucht (habe). Man habe ihr seitens der Klinik erklärt, dass die Wartezeit etwa sechs Wochen betrage, dass durch die Zahlung von 3.000,- Euro aber ein früher Termin möglich wäre“ Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass ein anderer Professor über den Kläger den Verdacht auf Abrechnungsbetrug geäußert habe. In einem Gespräch mit dem ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums habe der Kläger aber den Vorwurf bestritten. 2008/2009 habe der andere Professor erneut den Verdacht auf Abrechnungsbetrug vorgetragen und Hinweise übermittelt. Die Leitung der Universitätsklinik erstattete daraufhin Ende September 2010 Strafanzeige.

Ende Juni 2013 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage und mit Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11.03.2014 wurde der Kläger nach vorausgegangener Verständigung wegen  Bestechlichkeit in 21 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Nötigung, sowie der Steuerhinterziehung in sechs Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Nun verlangt der Kläger eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Höhe von mindestens 300.000 €,  die Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten für sämtliche weiteren materiellen Schäden „aufgrund der in der Klageschrift beschriebenen Persönlichkeitsrechtsverletzung“ sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Er begründet seinen Anspruch damit, dass  man ihn nach jahrelanger Billigung seines Verhaltes unter  Instrumentalisierung einer Staatsanwaltschaft“, welche bis heute nicht erkannt habe oder haben wolle, dass im Bereich des Universitätsklinikums H. ein „wenn nicht organisiertes, so doch ein systematisches Abrechnungsverhalten zwecks Umgehung des Krankenhausentgeltgesetzes“ existiere, „aus seinem Amt gemobbt“ und „entsorgt“. Das von ihm verwendete Abrechnungssystem sei auch schon von seinen Vorgängern angewendet und von ihm lediglich übernommen worden, es werde in dieser oder ähnlicher Weise auch von anderen Chefärzten angewendet.

Das Universitätsklinikum habe es verabsäumt, den Kläger bei seinem Dienstantritt zu einem ordnungsgemäßen Abrechnungsverhalten anzuhalten.

Außerdem sei er nur durch den anderen Professor, der es auf ihn abgesehen habe, herausgemobbt worden. Außerdem habe das Klinikum ihn als unbequemen Mitarbeiter loswerden wollen und er sei durch organisatorische Maßnahmen diskriminiert worden.Er sei nur auf Drängen des Klinikvorstandes aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden und dies sei eine Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht.

Der Kläger habe seine berufliche Karriere in Homburg beenden und sich eine neue Existenz in der Schweiz aufbauen müssen. Er sei in der Presseberichterstattung vorverurteilt worden, die von „interessierter Seite“ lanciert worden sei. Auch sei er mittlerweile der Gefahr ausgesetzt, die deutsche Approbation zu verlieren, was bedeute, dass er seine Tätigkeitserlaubnis für die Schweiz zu verlieren drohe. Weiter sei dem Kläger auch ein erheblicher materieller Schaden entstanden, dessen Entwicklung noch nicht abgeschlossen sei, insbesondere in Gestalt von Anwaltskosten, Steuerzahlungen, Umzugskosten, Praxiskauf, Verlust der Pensionsbezüge und Strafzahlungen.

Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen und – wen wundert es? – auch die Berufung blieb ohne Erfolg. Das OLG setzt sich pflichtgemäß mit der Argumentation des Klägers ernsthaft und ausführlich auseinander. Allerdings fragt sich der unbefangene Leser des Urteils schon, wie jemand, der rechtskräftig wegen Abrechnungsbetrugs verurteilt wurde, dann noch Schadensersatzklage einzureichen den Mut hat und alle, die eigentlich ihre Pflicht getan haben, des Mobbings bezichtigt bzw. verlangt, dass sie ihn von seinem rechtswidrigen Tun hätten abhalten müssen. 

Man kann hier wieder einmal sehen, wie sehr sich die im Hirn eines jeden Menschen konstruierten „Wirklichkeiten“ manchmal in die Nähe der Abstrusität rücken. Der Kläger dieses Verfahrens, immerhin ein Dr. med. und Professor, also doch mit einem zumindest nicht unterdurchschnittlichen IQ gesegnet, fühlt sich hier zu unrecht verfolgt und schlecht behandelt, obwohl er hier als Chefarzt Patienten ausgenommen hat. 

Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass der Kläger durch dieses Urteil nun an Einsicht gewonnen haben könnte. Vielmehr wird er sich weiterhin als Opfer sehen, vielleicht rechnet er nun die Saarländische Justiz auch zu dem Klüngel, der ihn völlig unschuldig zu Fall gebracht hat. Und das alles noch zu dem Schnäppchenpreis von ca. 123.000 € (für beide Instanzen und die vorgerichtlichen Kosten. 

Naja, vielleicht gibt es demnächst den Schadensersatzprozess gegen den Rechtsanwalt (oder die Rechtsanwälte), die ihn nicht von seiner Klage abgehalten haben.