Schon David Richard Precht hat auf einem Buchtitel gefragt: „Wer bin ich und wenn ja wieviele?“. Und Schulz von Thun hat das Modell des inneren Teams entworfen. Hintergrund ist, dass in der Tat oft widerstreitende Interessen in uns toben und uns letztlich daran hindern, uns selbst zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen. 

In der Mediation geht es in der Phase 3, der Konflikterhellung, genau darum, die hinter einem Anspruch stehenden Interessen herauszuarbeiten. Das ist meist nicht so ganz einfach. Nicht (oder selten), dass sich die Medianden weigern oder aus Boshaftigkeit ihre Interessen nicht kundtun. Das Problem ist vielmehr, dass sie sich ihrer Interessen nicht bewusst sind oder aber widerstreitende Interessen in sich fühlen. Sie wissen dann nicht, welchem Interesse der Vorzug zu gewähren ist. Schulz von Thun hat dafür das Modell des inneren Teams entwickelt (sieshe Miteinander reden Band 3). Er rät dazu, die Mitglieder dieses inneren Team zu identifizieren und dann im Wege der Teamsitzung die inneren Konflikte zu bearbeiten. Sicherlich lässt sich dies auch im Rahmen einer Mediation einsetzen.

Gestützt auf das Bild von Schulz von Thun habe ich eine Rollenmatrix entwickelt, bei der der Mediator nicht ganz so in die Tiefe der Psyche der Medianden eintauchen muss, aber trotzdem innere Widersprüche erkennbar macht und damit für eine Bearbeitung öffnet.

In einem Konflikt ist jeder Mediand mit mehreren Rollen betroffen. Diese Rollen kann man (am besten im Einzelgespräch) mit dem Medianden herausarbeiten. Im Anschluss kann der Mediator zu jeder Rolle und zu jedem Mediationsthema die entsprechenden Interessen herausarbeiten. 

Dies sähe etwa so aus:

Mit den Daten einer Trennungsmediation gefüllt, ergäbe sich folgendes Bild:

Im nächsten Schritt kann der Mediand für sich entscheiden, welcher Rolle oder welchem der widerstreitenden Interessen er den Vorzug geben will. Wichtig ist, und deshalb füge ich immer eine Rolle „Ego“ hinzu, dass auch Interessen benannt werden, die nicht der Political Correctness entsprechen und deshalb meist verschwiegen werden. Diese „unkorrekten“ Interessen sind ja da und beeinflussen den Fortgang der Mediation.

Wenn beide Medianden in Einzelgesprächen diese Rollenmatrix ausgefüllt haben und sich über ihre persönlichen Prioritäten klar geworden sind, können die jeweiligen Matrizes offengelegt werden und miteinander besprochen werden. Dies führt dann zu einem gegenseitigen tieferen Verständnis des Konflikts (bzw. der Konfliktthemen).

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde ausschließlich die männliche Form gewählt. Gemeint sind selbstverständlich alle Geschlechter.