In der Mediation beginnen die Medianden meist mit ihren Ansprüchen. Das sind sie so gewohnt. Forderungen stellen und dann versuchen sie durchzusetzen. Meist endet das in einem Streit und die Medianden haben oft eine ausgeklügelte Konfliktchoreographie, die sie manchmal seit Jahren einstudiert haben und die sie nach dem Motto des „mehr desselben“ immer schneller in die Eskalation führt. Mediation ist ein Versuch, durch die vorgegebene Struktur des Verfahrens und durch die deeskalierende Anwesenheit des Mediators diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Nach der Einleitungsphase, die damit endet, dass die Medianden sich für die Mediation entscheiden und auch das Verfahren kennengelernt haben, folgt die Phase der Konfliktdarstellung (bzw. Themensammlung, wie die Phase oft genannt wird). Hier haben die Medianden oft erstmals die Gelegenheit, den Konflikt bzw. den Streitstoff der Konfliktpartnerin oder dem Konfliktpartner in Ruhe zu schildern, ohne dass die übliche Konflikteskalationsspirale losgeht. Ziel dieser Phase ist zum einen, die jeweiligen Sichtweisen auf den Konflikt kennenzulernen und zum anderen das Sammeln der Konfliktthemen. Dies alles dient auch dem Vertrauensaufbau zwischen den Medianden und dem Mediator und auch zwischen den Medianden.

Konfliktthemen in diesem Zusammenhang sind nicht die Ansprüche, die die Medianden jeweils an den anderen richten. Um die Ansprüche (und Forderungen) wird zwar heiß (oder in der Mediation hoffentlich weniger heiß) gestritten. Würde man weiter nur über diese Ansprüche diskutieren, würde man den Raum der möglichen Lösungen erheblich verengen. Es gäbe dann nur die Wahl zwischen Gewinn und Verlust oder dem Kompromiss. Deshalb ist die Frage aus der Überschrift wichtig. Welches Problem wollen die Medianden lösen, wenn sie ihre Forderung durchsetzen? Wenn ein Mediand Unterhaltsansprüche in der Mediation durchsetzen will, geht es nicht in erster Linie um den Unterhalt, sondern eher um die Frage, wie das (finanzielle) Auskommen in der Zukunft gesichert werden soll. Es kann aber auch darum gehen, dass der Mediand eine Anerkennung seiner Leistungen in der Ehe haben will oder aber eine Art Schmerzensgeld für (vermeintlich) in der Ehe erlittene Unbill. All diese Punkte eröffnen eine viel weitere Möglichkeit für Lösungen als nur die Unterhaltszahlung. Vielleicht kann die Anerkennung auch auf andere Art und Weise gewährt werden, vielleicht kann seine Zukunft finanziell auch anders absichern als durch Unterhaltszahlungen.

Wenn es gelingt, dass die Medianden die Lösung des Problems als gemeinsame Aufgabe wahrnehmen, steht einer Lösung, die von beiden Beteiligten (und natürlich auch vom Mediator) als befriedigend wahrgenommen wird, nichts mehr im Wege.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde ausschließlich die männliche Form gewählt. Gemeint sind selbstverständlich alle Geschlechter.