Was macht das Verhandeln (nicht nur in der Mediation) oft so schwierig? Das frühe Festlegen der Verhandlungspartner auf Positionen (in der Regel kommen sie ja bereits mit festgefahrenen Positionen in die Mediation oder Verhandlung)!

Eines der größten Probleme in der Mediation ist es, diese verhärteten Standpunkte aufzulösen. Nur so ist Raum für konsensuale Lösungen.

Erster Schritt ist, Positionen nicht als solche seitens des Mediators wahrzunehmen, sondern sie als Vorschläge zu behandeln und als Ideen oder Vorschläge festzuhalten und zu visualisieren. Dies lässt demjenigen, der diese Position benannt hat, die Möglichkeit offen, sich von dem Standpunkt zu lösen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Verhandlungspartner tendieren ja dazu, allein deshalb auf Positionen zu verharren, weil sie meinen, ihr Gesicht zu verlieren, wenn sie von dieser Position noch einmal abrücken. Das geht dann nur mit einer (möglicherweise auch unlogischen) Begründung, z.B. „weil Sie es sind“.

Gelingt es daher dem Mediator, diese Positionen z.B. unter der Überschrift „Möglichkeiten“ oder „Ideen“ oder ähnliches zu notieren, bleibt demjenigen, der sie benannt hat, jederzeit die Möglichkeit, sich hiervon zu lösen.

Die Zweite Möglichkeit Standpunkte zu relativieren ist es, die Diskussion auf eine sachliche Eben und eine Ebene höher zu bringen. Es ist bekannt (schon seit Einstein), dass Probleme nie auf der Eben gelöst werden können, auf denen sie entstanden sind. Ziel muss es daher sein, von der endlosen Diskussion gegensätzlicher Positionen wegzukommen (auf der Ebene zu argumentieren, auf der die Standpunkte entstanden sind, haben die Mediationsklienten in der Regel vor der Mediation oft mit Hilfe ihrer Anwälte erfolglos versucht und allenfalls den Konflikt hierüber verschärft).

Ganz interessante Ansätze hierfür liefert Edward De Bono in seinem Buch „De Bonos neue Denkschule“. Eine der Methoden De Bonos ist die Methode des PMI (=Plus, Minus, Interesse). Der Mediator veranlasst die Beteiligten, zu jedem Vorschlag (=Position) alle positiven, alle negativen Punkte aufzuführen und festzuhalten, was an dem Vorschlag interessant ist. Hierbei ist es durchaus möglich, dass ein Aspekt sowohl auf der Positiv- als auch auf der Negativseite auftaucht. Hier ist einfach die Sichtweise maßgebend. Hierdurch gelingt es in der Regel gut, die Verhandlung zu versachlichen, da mit dem Festhalten von Aspekten noch keine Entscheidung in der einen oder anderen Richtung verbunden ist.

Eine zweite Methode, De Bono nennt sie EBS, ist den Juristen nicht fremd. EBS bedeutet „Erforsche beide Seiten“ oder „examine both sides“, in der Rechtslehre heißt es „audiatur et altera pars“. Der Mediator bringt die Parteien dazu, die Position oder den Vorschlag des anderen in allen Facetten zu erkunden, ohne dass damit eine Akzeptanz des Vorschlags unterstellt wird. Auch hier betrachten die Parteien ihre Vorschläge von einer höheren Warte aus und können sachlich hierüber diskutieren. Der Mediator hat die Aufgabe, immer klarzustellen, dass auch das benennen und betrachten der „gegnerischen“ Vorschläge noch keine Zustimmung hierzu bedeutet.

Ebenfalls den Weg zur Sachlichkeit ebnen soll die weitere Methode De Bonos, abgekürzt als „EUI“ in der deutschen Übersetzung oder „ADI“ im Original: Einigkeit, Uneinigkeit, Irrelevanz (agreement, disagreement, irrelevance). Gemeinsam stellen die Streitbeteiligten unter Anleitung des Mediators fest, wo und in welchen Punkten die Parteien einig sind, wo sie uneinig sind und welche Punkte für die Einigung irrelevant sind. Hier wird in keiner Weise ein Druck ausgeübt, wir müssen einig werden, sondern es kann ganz einfach sachlich von der Eben eines Dritten aus festgestellt werden, wo sind wir uns einig, wo sind wir uneins und was können wir in der Diskussion vernachlässigen. Dies hilft den Parteien, die Diskussion zu versachlichen. Oft stellen die Parteien hierbei fest, dass sie eigentlich nur noch in wenigen Punkten Differenzen haben.

Nun besteht für den Mediator die Möglichkeit, noch eine Ebene höher zu gehen und zu fragen, was das (gemeinsame?) Ziel ist. Dieses Ziel sollte dann möglichst konkret definiert werden. So werden sie normalerweise ohne weiteres in einer Familienmediation die Partner dazu bringen, Kindeswohl als Ziel zu benennen. Damit lässt sich aber alles begründen. Also muss der Mediator dafür sorgen, dass dieses allgemeine Ziel möglichst konkretisiert wird, also in unserem Beispiel, woran das Kindeswohl im einzelnen festgemacht wird (eventuell ist hier auch ein Punkt, an dem die Kinder in die Mediation einbezogen werden können, damit die Frage, was ihrem Wohl zugute kommt nicht über ihren Kopf hinweg entschieden wird).

Dies alles sind Werkzeuge, auch in verhärteten Positionskämpfen die Möglichkeit für eine Einigung zu eröffnen.