Der Arbeitgeber ist berechtigt, von einem Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits ab dem ersten Krankheitstag zu verlangen. Die Ausübung dieses Rechts steht ihm nicht an besondere Voraussetzungen gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom heutigen Tage entschieden (Urteil vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11, hier die Presseerklärung des Bundesarbeitsgerichts).

Es ging um die Redakteurin einer Rundfunkanstalt, die für den 30.11.2010 ein Dienstreiseantrag gestellt hatte. Diesen hatte der Vorgesetzte abgelehnt. Auch eine erneute Nachfrage am 29.11.2010 wurde nochmals abschlägig beschieden. Daraufhin meldete sich die Redakteurin am 30.11.2010 krank. Am Tag darauf erschien sie wieder zur Arbeit.

Die Rundfunkanstalt forderte daraufhin die Redakteurinnen auf, in Zukunft schon am ersten Tag der Krankmeldungen einen Arzt aufzusuchen und einen entsprechendes Attest vorzulegen. Dies wiederum gefiel der Redakteurin nicht und sie klagte hiergegen vor dem Arbeitsgericht. Sie meinte, dass der Arbeitgeber nur bei vorliegen sachlicher Rechtfertigungsgründe die Vorlage eines Krankenscheins am ersten Krankheitstag verlangen könnte. Zudem sei im einschlägigen Tarifvertrag ein entsprechendes Recht nicht enthalten.

Das Bundesarbeitsgericht hat – genauso wie die Vorinstanzen – die Klage auf Widerruf dieser Weisung zurückgewiesen. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts waren der Auffassung, dass § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nicht voraussetze, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht bestehe, er habe in der Vergangenheit einer Erkrankung nur vorgetäuscht. Dieses Recht stehe im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Ein Tarifvertrag stehe nur dann dieser Möglichkeit des freien Ermessens entgegen, wenn darin das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausdrücklich ausgeschlossen sei. Ein solcher Ausschluss war im einschlägigen Tarifvertrag nicht vorgesehen.