Die elektronische Akte war auch schon mehrfach Thema des EDV-Gerichtstages. Welchen Vorteil bringt die elektronische Akte und welche Auswirkungen hat das auf die Tätigkeit des Anwalts?

Bereits seit ca. 5 Jahren wird in meiner Kanzlei jedes eingehende Schriftstück, soweit es nicht bereits in elektronischer Form (E-Mail, PDF-Datei, Word-Datei oder anderen Formaten) eingeht, eingescannt. Die ausgehenden Schreiben werden bereits seit mehr als 10 Jahren zur Akte gespeichert und sind dort abrufbar.

Der Vorteil liegt klar auf der Hand. Als ich vor ca. 29 Jahren meine Tätigkeit als Rechtsanwalt begonnen habe, gab es noch keine elektronischen Akten. Schriftsätze wurden noch auf elektrischen (nicht elektronischen) Schreibmaschinen mit der notwendigen Anzahl von Durchschlägen getippt. Brauchte ich eine Information aus einer Akte, musste sie erst vorgelegt werden. Hatte ich Glück, befand sich die Akte im Aktenschrank. Wenn nicht, begann die Sucherei auf meinem Schreibtisch, im Sekretariat oder in der Buchhaltung. Die Auszubildenden waren fast den ganzen Tag mit Aktensuchen beschäftigt. Heute habe ich die Möglichkeit, jede Akteninformation in Sekundenschnelle auf dem Bildschirm aufzurufen. Ich kann den Inhalt des gesamten Aktenschranks in meinem Notebook mitnehmen und an jeden beliebigen Ort arbeiten. Ich muss nicht die Akten mit mir schleppen, wenn ich am Wochenende lieber in meinem Büro zu Hause arbeiten will.

Mittlereile gehen die Möglichkeiten der elektronischen Akte sogar noch weiter. Ich kann den Inhalt der Akte in einem gesicherten Bereich im Internet dem Mandanten zur Verfügung stellen. Geht neue Post  ein oder verfasse ich ein Schreiben oder einen Schriftsatz, wird der Mandant per Mail informiert und kann sich den Eingang herunterladen. Er kann mir auch Dateien in dieser elektronischen Akte zur Verfügung stellen. So wird die Kommunikation mit den Mandanten erheblich erleichtert und beschleunigt.

Die Frage, die sich stellt, ist, welche eingehenden Schriftstücke in der (nach wie vor vorhandenen) körperlichen Akte noch aufbewahrt werden müssen. Grundsätzlich natürlich alle (Original)Urkunden und Schriftstücke, die der Mandant zur Verfügung stellt. Ansonsten muss man von Fall zu Fall entscheiden. Meine Erfahrung ist, dass (auch ich) eigentlich noch viel zu viel Papier aufbewahre. Bei Konsequentem Aussortieren kann auch Aufbewahrungsplatz eingespart werden. Hier sollte man beim Entsorgen von Papier mutiger sein. Es ärgert mich nur, wenn dann per Mail oder Fax übersandte Schreiben dann noch mal per Post übersandt werden. Hier könnte mancher Baum vor der Papierindustrei gerettet werden.

Ein wenig Mehraufwand ist das Zuordnen der (elektronischen) Dokumente zu den einzelnen Akten. Letztlich muss dies aber auch mit Papierdokumenten geschehen. Das Scannen ist mit einem modernen Dokumentenscanner schnell erledigt.

Ein zweiter Nachteil ist, dass bei Gerichtsterminen keine komplette Papierakte zur Verfügung steht. Das lässt sich zum einen dadurch ausgleichen, dass man das Notebook zum Gerichtstermin mitnimmt (ich wünsche mir allerdings Computer, die etwas schneller booten). Die Erfahrung zeigt aber auch, dass man in den meisten (zivilporozessualen) Verhandlungen die eakten nicht unbedingt benötigt. In Strafprozessen arbeiten nach meiner Erfahrung bereits viele Kollegen mit der elektronischen Akte, da es einfacher (und leichter) ist, das Notebook mit zur Hauptverhandlung zu nehmen, als einen oder mehrere Aktenordner.

Die Kosten für Dokumentenmagementsysteme sind mittlerweile zu vernachlässigen. Die meisten Anwaltsprogramme bieten ein mehr oder weniger integriertes DMS-Modul an.

Ich habe bereits in den 80-er-Jahren – damals noch für die Firma Nixdof – Seminare und Schulungen für Rechtsanwälte gehalten. Meine Erfahrungen aus dieser Zeit sind, dass die meisten Kollegen in Bezug auf technischen Fortschritt sehr konservativ sind. Dies wird auch heute noch durch Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen bestätigt. Dies gilt in besonderem Maße für die elektronische Akte. Die meisten Kolleginnen und Kollegen lesen lieber einen papiernen Schriftsatz als eine Datei auf dem Bildschirm. Hier besteht sicherlich auch noch Entwicklungsbedarf im Hinblich auf die Ergonomie und ich denke, dass sich gerade in diesem Bereich in den nächsten Jahren noch einiges tun wird.

Auch in diesem Jahr steht auf der Tagesordnung des EDV-Gerichtstages in Saarbrücken das Thema „Die ergonomische E-Akte. Ich bin gespannt.