Nicht nur in Deutschland wünschen sich die Mediatoren (und vielleicht auch die Justizminister, aber das weiß ich nicht so genau), dass Mediation als Konfliktlösungsverfahren mehr in Anspruch genommen wird. In einer Studie „Rebooting the Mediation Directive“ (hier hatte ich darüber berichtet) für das Europäische Parlament waren die Verfasser (bzw. die Befragten Mediatoren) zu der Auffassung gelangt, dass man die schlafende Mediationsschönheit nur durch verpflichtende Elemente erwecken könnte. Dies hat mittlerweile unter den Mediatoren zu Diskussionen geführt.

Constantin-Adi Gavrila, Christian Radu Chereji haben in einem Beitrag „What Went Wrong with Mediation?“ auf mediate.com demgegenüber die Meinung vertreten, dass Mediation mit der falschen Zielrichtung eingeführt worden sei und das Marketing dafür nicht stimme. Es sei falsch gewesen, Mediation immer nur als preiswerte Alternative zum teuren Gerichtsverfahren und zu überlasteten Gerichten einzuführen. Entsprechend gelte das für das Marketing. Den Rechtssuchenden sei es gleichgültig, ob die Gerichte überlastet sind. Auch als Billigprodukt sei Mediation nicht zu vermarkten. Außerdem fehle eine allgemein anerkannte Definition von Mediation. Die Rechtssuchenden zur Mediation zu zwingen sei ein Widerspruch in sich. Man könne zwar ein Pferd an die Tränke führen, trinken müsse es aber selbst.

Dem hat nun wieder einer der Koordinatoren der EU-Studie, Giuseppe De Palo, auf dem Kluwer Mediation Blog hier widersprochen. Es sei zwar richtig, dass es falsch sei, Mediation nur als billige Alternative zu überfüllten und teuren Gerichten zu promoten. Dies geschah aber auch nicht. Es gibt in der Tat viele weitere (und wichtigere Vorteile) der Mediation, die den Menschen bekannt gemacht werden muss. Hierfür sei es aber sinnvoll, eine verpflichtende Mediation mit der Option, nach einem Erstgespräch wieder auszusteigen, einzuführen. Dies sei keine erzwungene Mediation, da man in der Tat niemanden zur Mediation zwingen könne. Man könne aber eine Pferdeherde ans Wasser führen und sehen, wie viele dann tatsächlich trinken. Der Autor vergleicht es mit der Helmpflicht für Motorradfahrer oder der Gurtpflicht für Autofahrer. Auch hier würden die Menschen dazu gezwungen, etwas unzweifelhaft vorteilhaftes zu machen, was sie sonst (wider besseres Wissen) nicht tun würden. So könne auch die schlafende Schönheit Mediation zu voller Blüte erweckt werden. Dies zeige sich in Italien mit der erzwungenen Mediation. Dort würden einer von zwei Fällen außergerichtlich erledigt.

Im FamFG gibt das Gesetz übrigens den Richtern in § 135 FamFG die Handhabe, Parteien zu verpflichten, an einem kostenlosen Erstgespräch über Mediation teilzunehmen (Opt-In). Davon wird allerdings nach meiner Kenntnis kaum Gebrauch gemacht.