Die Frage, ob es erlaubt  oder sinnvoll ist, mit den Medianden getrennte Einzelgespräche zu führen, ist zumindest in Deutschland sehr umstritten. Hintergrund ist, dass die meisten Lehrinstitute für Mediation den transformativen Ansatz der Mediation zugrunde legen. Diese Form der Mediation will erreichen, dass die Medianden wirklich selbst den Konflikt lösen und hierbei Verständnis für die andere Partei entwickeln und auf der Grundlage des Verständnisses der gegenseitigen Interessen eine Lösung entwickeln. In diesem Konzept ist ein Einzelgespräch mit den Medianden kontraproduktiv, da bei Einzelgesprächen ein gegenseitiges Verständnis nur schwer entstehen kann.

Auf der anderen Seite besteht das Problem, dass eine Partei in der Mediation eventuell Informationen nicht in Gegenwart der anderen Partei preisgeben will. Es wird hier immer wieder das Beispiel genannt, dass bei einer Mediation zwischen zwei Firmen die eine Partei ungern offenlegen will, dass sie derzeit gerade Liquiditätsschwierigkeiten hat. Dies könnte die andere Partei dazu verleiten, auf Zeit zu spielen. Möglich sind aber auch andere kompromittierende Tatsachen, die eine Partei nicht der anderen auf die Nase binden will.

Denkbar wäre aber auch, dass eine Partei sich der anderen Partei unterlegen fühlt und daher Angst davor hat, sich mit dieser an einen Tisch zu setzen, oder dass Partner einer gescheiterten Beziehung zwar auf der einen Seite eine gütliche Einigung anstreben, auf der anderen Seite aber so viele Emotionen noch im Spiel sind, dass man nicht in der Gegenwart des anderen verhandeln will.

Hinzu kommt, dass die Vertraulichkeit im Rahmen der Mediation gelegentlich brüchig sein kann. Klar ist, dass der Mediator zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Das ist im Mediationsgesetz geregelt. Die Verschwiegenheit der Medianden ist nicht geregelt. Das muss im Rahmen der Mediationsvereinbarung (Arbeitsbündnis) zum Beginn der Mediation ausdrücklich vereinbart werden. Es kann aber kaum verhindert werden, dass eine Partei trotz dieser Vereinbarung Informationen doch im Rahmen eines nachfolgenden Rechtsstreits nützt, wenn die Mediation scheitern sollte.

Deshalb kann es durchaus sehr sinnvoll sein, in die Mediation Einzelgespräche getrennt mit den Medianden einzubauen. Voraussetzung ist natürlich, dass das Verfahren weiterhin transparent bleibt. Einzelgespräche können daher nur stattfinden, und das ist ein absolutes muss, wenn die andere Partei vorher darüber informiert und damit einverstanden ist (am besten führt man natürlich Einzelgespräche nacheinander mit beiden Parteien, schon um den Anschein der parteilichkeit zu vermeiden). Am Ende eines solchen Einzelgesprächs muss natürlich immer stehen, dass der Mediator mit dem Medianden klärt, welche Informationen an die andere Partei weitergegeben werden können und wie man mit den Informationen umgehen will, die nicht weitergegeben werden können.

Der Mediator hat durch Einzelgespräche natürlich „Herrschaftswissen“, das heißt, er kennt auch die geheimen Informationen beider Parteien. Das kann dazu verführen, manipulativ in den Ablauf der Mediation einzugreifen. Dieser Gefahr sollte sich jeder Mediator bewusst sein und immer wieder bewusst machen.

Gerade in den USA werden die Einzelgespräche (dort Caucus genannt) gern als das zentrale Element benannt, durch das eine Einigung überhaupt erst möglich wird und das für die Beteiligten von besonderem Wert ist. Ich denke daher, auch die Mhiesigen Mediatoren sollten die Scheu vor Einzelgesprächen abbauen und dieses Instrument einsetzen, wenn es sinnvoll ist.