Haltung und Grundannahmen des Fragenden

  • Es gibt so viele Wahrheiten, wie es Menschen gibt.
  • Trennung kann ein Prozeß sein aus dem Lebenserfahrung gewonnen werden kann, die für die Zukunft positiv genutzt werden kann.
  • Trennung erfordert Loslassen von Personen, von Besitz, von Erwartungen, von Ansprüchen, von Lebensplänen, von lieb gewordenen Gewohnheiten.

In der Mediation geht es vorrangig darum,  für konkrete Fragestellungen zukunftsfähige und für alle Beteiligte bedürfnisgerechte Lösungen zu entwickeln. Eine Aufarbeitung der gescheiterten Ehe kann Mediation nicht leisten. Zwar werden Verletzungen aus der Vergangenheit thematisiert, sofern sie Lösungen für die Zukunft behindern. Deren Aufarbeitung ist aber Aufgabe einer begleitenden Beratung oder Therapie.

Die Konfliktpartner sollen durch die im Folgenden beschriebenen Fragetechniken angeregt werden

  •  Ihren Blickwinkel in Richtung eines ganzheitlichen Zusammenhangs und auf die Zukunft zu erweitern.
  • Die Bedürfnisse des Konfliktpartners und der Kinder anzuerkennen und zu berücksichtigen.
  • Die Erarbeitung von tragfähigen Lösungen als gemeinsames Ziel zu betrachten.

Zukunfts- und gegenwartsbezogene Fragen

Zukunftsbezogene Fragen lenken den Blick auf die Neuorientierung und Planung des Lebens und geben Hoffnung auf die Verbesserung des gegenwärtigen Zustands.

Dieser Fragetyp ist hilfreich, wenn der Klient mit Gefühlen der Wut und der Aggression in der Vergangenheit verharrt. Sie helfen immer wiederkehrende Vergangenheitsberichte zu stoppen.

Zukunftsbezogene Fragen regen an Ziele zu formulieren und sich konkret Gedanken zu machen, wie das Ziel erreicht werden kann.

Beispiele:

  • „Was wollen Sie im Hinblick auf diese Erfahrungen für sich in der Zukunft verändern?“
  • Was könnte dazu beitragen, dass ihr Groll nachläßt und sie in Zukunft als Eltern kooperieren können?
  • Was können Sie tun, dass es ihnen und den Kindern in Zukunft gut geht?

Gegenwartsbezogene Fragen beziehen sich auf die konkrete derzeitige Situation und regen an Bedürfnisse und Wünsche klar zu formulieren.

Beispiele:

  • Was braucht nach ihrer Ansicht ihr Sohn derzeit an Nähe zu seinem Vater damit es ihm gut geht und er die Sicherheit hat, seinen Vater weiterhin lieb haben zu dürfen?
  • Was können Sie dazu beitragen?
  • Was würde diese Regelung konkret an Entlastung für Sie bedeuten?

Hypothetische Fragen

Durch hypothetische Fragen werden die Konfliktpartner zu Gedankenexperimenten angeregt und alternative Wirklichkeiten eröffnet. Gewohnte Denkmuster werden verlassen. Durch die daraus entstehenden Gedankenspiele werden Hoffnungen, Befürchtungen und Ängste angesprochen. Dadurch können Zukunftsvisionen entwickelt werden, Ziele verbalisiert werden und Ideen entstehen, auf welchem Weg diese Ziele erreicht werden können.

Diesem Fragetyp liegt die Annahme zugrunde, dass jeder Mensch seine eigene Realitätswahrnehmung hat, diese aber auch verändern und gestalten kann.

Beispiel:

  • Angenommen, Ihr Mann/Ihre Frau würde in Ihren Augen alles tun, eine möglichst faire Trennung anzustreben. Woran würden Sie das merken und wie würde sich das auf Ihr Verhalten auswirken?

Zirkuläre Fragen

Dieser Fragetechnik liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Verhalten in einem sozialen System auch als kommunikatives Angebot verstanden werden kann. Verhaltensweisen, Symptome Gefühlsausdruck können als im Menschen ablaufende Ereignisse  angesehen werden, sie haben aber immer auch eine kommunikative Bedeutung und Funktion. Durch die Einbeziehung der Außenperspektive von einem Beobachterstandpunkt aus können die Inhalte dieser Botschaften deutlich und bewußt gemacht werden. Der Einsatz zirkulärer Fragen setzt eine tragfähige Mediator-Klient-Beziehung voraus.

Beispiele:

  • Wenn jetzt ein völlig Unbekannter hier zur Tür herein käme, wie würde er ihr derzeitigen Stimmungslagen und ihre Beziehung zueinander in Worte fassen und beschreiben?
  • Angenommen, ihre Kinder würden den derzeitigen Stand ihrer Scheidungsauseinandersetzung beschreiben, was würden sie sagen?

Lösungsfragen

Nach der Bearbeitung der Konfliktpunkte und ihrer emotionalen Hintergründe, der zugrunde liegenden Bedürfnisse und Interessen ist es an der Zeit, den Blick in die Zukunft auf die Lösungsentwicklung zu richten.  Der Frage nach Lösungen liegt die Annahme zugrunde, dass die Konfliktpartner in der Lage sind für sie passende Lösungen selbst zu entwickeln, d.h. der Mediator hat Vertrauen in die Kompetenz und die Ressourcen der Konfliktpartner. Er glaubt daran, dass sie in der Lage sind, sich von Überkommenem zu lösen und Neues zu entwickeln.

Beispiele:

  • Welche alternativen Ideen haben sie außer den bisher genannten Standpunkten?
  • Wie kann ihr Bedürfnis nach Geborgenheit in den eigenen vier Wänden außer durch den Verbleib im Haus befriedigt werden?
  • Bezüglich Punkt xy haben sie gemeinsam eine Lösung entwickelt. Wie haben Sie diese Einigung erarbeitet? Was hat jeder von Ihnen dazu beigetragen? Wie können sie die bei dieser Einigung eingebrachten Fähigkeiten auch für die Lösung der anderen Konfliktpunkte nutzen?

Wunderfragen

Manche Konfliktpartner neigen dazu, in ihrer negativen Sichtweise und in mangelnder Zuversicht und mangelndem Zutrauen in ihren Konfliktpartner und sich selbst zu verharren. Hier können so genannte Wunderfragen hilfreich sein. Sei fördern die Phantasie und ermöglichen Kreativität zur Lösungsentwicklung.

Beispiele:

  • Wenn Sie morgen früh aufwachen und ein Wunder wäre geschehen, alle im Zusammenhang mit der Scheidung stehenden Fragen und Probleme wären gelöst. Woran würden Sie das merken? Was wäre anders als jetzt. Wie würde ihre Situation dann konkret aussehen? Woran würden ihre Kinder merken, dass sich etwas zum positiven verändert hat?
  • Was können Sie dazu beitragen, dass dieser Zustand eintreten kann?

Ressourcenorientierte Fragen

Ressourcenorientierte Fragen sind zwar vergangenheitsorientiert, sie richten den Blick aber auf positive Ereignisse in der Vergangenheit und auf Stärken und Fähigkeiten der Konfliktpartner, auf die in der Zukunft aufgebaut werden kann. Diesem Fragetyp liegt die Annahme zugrunde, dass jeder Mensch Ressourcen in Form von Stärken und Fähigkeiten hat und dass er in der Lage ist sich darauf aufbauend zu verändern.

Beispiele:

  • Wie haben sie früher Lebenskrisen überwunden?
  • Woher haben Sie die Kraft genommen sich aus dieser für Sie nicht tragbaren Situation zu befreien?
  • Welche Fähigkeiten in bezug auf die Vater-/Mutterrolle haben sie früher an Ihrem Partner/an ihrer Partnerin geschätzt?

Skalierende Fragen

Manche Konfliktpartner neigen dazu sich in Schilderungen ihrer Emotionen weitschweifig zu ergehen. Andere sind nicht in der Lage Fortschritte in ihrer emotionalen Entwicklung im Rahmen der Mediation anzuerkennen. Hier können skalierende Fragen helfen. Sie konkretisieren Gemütszustände und zeigen Entwicklungen auf.

Beispiele:

  • Wenn Sie auf einer Skala von 1 bis 10 den Grad ihrer Wut eintragen sollten, 1 ist wenig wütend, 10 ist sehr wütend, welche Zahl würden Sie ankreuzen?
  • In der ersten Sitzung haben Sie ihr Vertrauen in ihre Fähigkeit die anstehenden Punkte zu ihrer Zufriedenheit zu klären mit 2 benannt. Wo stehen Sie heute bezüglich Ihres Vertrauens in Ihre Fähigkeiten?

Paradoxe Fragen

Sie veranlassen die Klienten ihr Verhalten zu reflektieren und in Richtung einer Lösungsorientierung zu ändern.

Beispiele:

  • Was müßten Sie tun, damit ihr Konfliktpartner noch stärker auf seinem Standpunkt verharrt?
  • Was müßten sie tun, damit diese Mediation mißlingt?

Beispielfragen nach Coping (Bewältigung)

Diese Fragen regen den Klienten an, positive Entwicklungsansätze weiter zu verfolgen und zu verstärken. Der Fragende würdigt das positive Verhalten des Klienten und bestärkt ihn dieses fortzusetzen.

Beispiele:

  • Was hat Ihnen bisher Kraft gegeben diese schwierige Situation durchzustehen?
  • Was hat sich seit der Trennung positiv in ihrem Leben, im Leben Ihres Kindes verändert?