Um die Frage der Zertifizierung von Anwaltskanzleien ist es in der letzten Zeit ruhig geworden. Vor einiger Zeit wurde das Thema noch intensiv diskutiert. Dass eine Zertifizierung nur zu dem Zweck, sich aus Akquisitionsgründen mit einem Zertifikat zu schmücken, leztlich einen zu hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand darstellt, dürfte mittlerweile bekannt sein, zumal die Qualität der eigentlichen anwaltlichen Leistung einer Zertifizierung nicht zugänglich ist.

Gleichwohl sollte sich jeder Kanzleiinhaber der Aufgabe stellen, die Abläufe seiner Kanzlei zu optimieren, einmal um mit einer möglichst reibungslosen Organisation Kosten einzusparen und um zum anderen Haftungsrisiken zu minimieren. Oft beruht allerdings die Kanzleiorganisation auf gewachsenen (historischen) Strukturen und Traditionen und dies verstellt den Blick auf mögliche Einsparpotenziale. Da werden Akten in der Kanzlei hin und her transportiert, ohne dass dies wirklich notwendig ist, nur weil der Posteingang schon immer mit der Akte vorgelegt wurde, da wird trotz EDV noch von Hand ein Prozesregister und ein Terminkalender geführt, nur weil man an das Papier gewöhnt ist. Auszubildende müssen da teilweise einen großen Teil ihrer Ausbildungszeit mit Aktensuchen verbraten.

Auch wenn sich (zumindest die meisten) Anwälte für ausgemachte Individualisten halten und stolz darauf sind, kreativ ihrer Arbeit nachzugehen, sollten sie sich doch ein organisatorisches Konzept geben, um mehr Freiheit zu haben, ihrer eigentlichen anwaltlichen Tätigkeit nachzugehen. Dies bringt natürlich auch eine Enschränkung des „kreativen Chaos“ bzw. der Individualität mit sich. Deshalb halte ich die Werbung der Anbieter von Anwaltssoftware für Unsinn, wenn sie immer wieder betonen, dass sich die Software der Kanzleistruktur anpasse und der Anwalt sich nicht an die Software anpassen müsse.

Ein erster Schritt muss die Analyse der Geschäftsprozesse und Abläufe in der eigenen Kanzlei sein. Sofern der Kanzleiinhaber nicht selbst die Zeit hat, sollte er einen externen Berater hiermit beauftragen. Die Abläufe in einer Kanzlei sind im Prinzip überschaubar. Die Mandate mögen so vielfältig sein, wie die Mandanten selbst, die Abläufe in der Kanzlei lassen sich auf ein paar Grundprinzipien zurückführen. Letztlich ist die Hauptarbeit der Kanzlei die Verarbeitung von eingehenden Informationen (sei es durch Briefe, E-Mails, Faxe, Gerichtspost, Telefonate und mündliche Informationen). Aus der Bestandsaufnahme müsste dann eine Optimierung der Geschäftsprozesse erfolgen, indem man sie auf das Notwendige und Erforderliche reduziert. Hieraus können Workflows, also festgelegte Abläufe mit definierten Zuständigkeiten entwickelt werden, die letztlich auch ihren Niederschlag in der verwendeten Kanzleisoftware finden sollten.

Leider bieten die diversen Kanzleiprogramme nur rudimentäre Workflow-Funktionalitäten. Diese finden sich meist im Bereich der Diktatverarbeitung, manchmal auch noch bei der Bearbeitung von elektronischen Dokumenten. Darüber hinaus fehlt eine Einbindung von Workflows in die Anwaltssoftware (zumindest soweit ich Anwaltssoftware testen konnte). Meine Vorstellung wäre es, dass die Kanzleisoftware mit einem Workflow ausgestattet ist, die die Arbeitsabläufe in der Kanzlei abbildet und so sicherstellt, dass alle (notwendigen) Arbeitsschritte von den zuständigen Personen in der richtigen Reihenfolge abgearbeitet werden. Dieser Workflow müsste natürlich an die individuellen Gegebenheiten in der Kanzlei angepasst werden können (z.B. wer darf Termine vergeben, wer ist zuständig für Fristeneinträge etc.). Leider bieten die Programme hier noch zu wenig. Bereits die Weitergabe von kleinen Aufgaben im Einzelfall ist bei manchen Programmen nicht vorgesehen, geschweige denn ein kompletter praktisch fest verdrahteter Arbeitsablauf.

Ich denke, hier sollten sich die Entwickler von Kanzleiprogrammen einmal Gedanken machen. Zu meinem Angebot gehört die Organisationsberatung von Anwaltskanzleien einschließlich Beratung, welche Software eingesetzt werden sollte und den Bedrfnissen der Kanzlei entspricht.