Mediation ist in der Bevölkerung nach dem Roland Rechtsreport relativ bekannt (65 % der Erwachsenen kennen Mediation). Von diesen wird Mediation als sehr positiv bewertet. Die Mehrheit würde auch die Mediation einem Gerichtsverfahren vorziehen. Auch nach der PWC-Studie „Konfliktbearbeitungsverfahren im Vergleich“ liegt Mediation von den Vorteilswerten an zweiter Stelle nach der Verhandlung, während das Gerichtsverfahren an letzter Stelle rangiert. Sieht man sich in der gleichen Studie aber an, was tatsächlich genutzt wird, so findet sich das Gerichtsverfahren nach der Verhandlung nun an zweiter Stelle und die Mediation landet auf dem letzten Platz.

Mediation ist im Handlungsrepertoire der Rechtsabteilungen und Rechtsanwälte offensichtlich noch nicht angekommen. Woran liegt das?

Einmal dürfte es an der derzeitigen Juristenausbildung liegen. Der Jurist wird ausschließlich für den argumentativen Kampf um die einzig richtige juristische Lösung ausgebildet und nicht zum Konflitkmanager, der er eigentlich sein sollte. Es existiert immer nur das „entweder-oder“, das „sowohl als auch“ kommt in der Ausbildung des Juristen (zumindest bisher) nicht vor. Das hat man als Jurist verinnerlicht (einer hat Recht, der andere hat Unrecht).Deshalb verkürzen Juristen auch den zwischen den Parteien schwelenden Konflikt auf die geltend gemachten Ansprüche (bei Gericht bleibt ihnen auch nichts anderes übrig).

Ein weiterer Grund dürfte sein, dass viele Juristen Mediation zwar kennen (ich schätze, dass mehr als 65 % der Juristen Mediation als Begriff kennen), aber nicht wirklich wissen, was in der Mediation gemacht wird. Die Scheu vor dem Unbekannten schreckt ab, Mediation in Anspruch zu nehmen oder den Mandanten zu empfehlen.

Ein dritter Grund ist sicherlich auch, dass es (insbesondere den Rechtsanwälten) schwer fällt, zuzugeben, dass eventuell ein Mediator einen Konflikt doch noch lösen könnte, wenn man selbst doch schon mit der außergerichtlichen (Verhandlungs-) Lösung gescheitert ist. Hierher gehört auch das Argument vieler Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, „das machen wir doch schon immer“, wenn man ihnen Mediation vorstellt. Nein! Das machen sie nicht schon immer, Mediation ist eben etwas ganz anderes als außergerichtlicher Schriftwechsel oder Verhandlungen zwischen den Anwälten.

Und nicht zuletzt spielt ein gewisser Neid um die gleichen Weidegründe mit. Die Anwälte befürchten (meines Erachtens zu Unrecht), dass ihnen ein großes Stück vom (Mandanten-) Kuchen abhanden kommen könnte. Tatsächlich können Rechtsanwälte nur gewinnen, wenn sie ihren Mandanten beim Scheitern außergerichtlicher Verhandlungen zu einer Mediation raten. Einmal können sie noch eine Einigungsgebühr verdienen, wenn sie die Mediation begleiten. Prozesse sind hinsichtlich der Vergütung nicht immer lukrativ. Sieht man sich die Vergütung an und stellt ihr den zeitlichen Aufwand vieler Verfahren gegenüber, so zeigt sich, dass die Gerichtsverfahren zwar einen Deckungsbeitrag leisten, der Gewinn aber nicht hoch ist. Und sie werden zufriedene Mandanten haben, wenn die Mediation gelingt. Die Gefahr, dass Mandanten direkt zur Mediation abwandern, besteht erst dann, wenn die Anwälte sich weiter gegen die Aufnahme von Mediation in ihr Handlungsrepertoire wehren.

Also sollte der Workflow in der Zukunft lauten: Verhandlung -Mediation und nicht Verhandlung-Gericht, zumal es vielen Mandanten unangenehm ist, mit ihrem Begehr bei Gericht zu landen. Dies gilt um so mehr, als in Zukunft ohnehin in der Klageschrift angegeben werden muss, ob ein Mediationsverfahren stattgefunden hat bzw. ob einem Mediationsverfahren Gründe entgegenstehen (so denn Bundestag und Bundesrat dereinst mit dem Mediationsgesetz im Vermittlungsausschuss zu Potte kommen, wo das Gesetz seit Monaten vor sich hin dümpelt).