Mandanten gehen zum Anwalt, weil sie einen Konflikt haben, mit dem Arbeitgeber, dem Lieferanten, dem Auftraggeber und was noch alles denkbar ist. Aufgabe des Anwalts ist eigentlich diesen Konflikt für den Mandanten bestmöglich zu managen. Das geht über eine reine juristische Tätigkeit hinaus.

Leider wird darauf in der juristischen Ausbildung (zumindest hierzulande) kaum Rücksicht genommen. Die juristische Ausbildung beschränkt sich universitär auf die Lösung von theoretischen Fällen auf rein juristischer Basis. Konflikte, die dahinter stehen, werden nicht thematisiert, sie finden in der juristischen Ausbildung nicht statt (wenn auch die Tendenz heute dahin geht, etwas mehr an Softskills zu vermitteln).

Dies ist auch der Grund, dass in der anwaltlichen Tätigkeit in der Regel lediglich ein Workflow von der außergerichtlichen Verhandlung zur Klage vorhanden zu sein scheint. Beim Scheitern einer außergerichtlichen Verhandlung geht es unvermeidlich zur Klage. Die Klaviatur verschiedener außergerichtlicher Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten wird eigentlich selten ausgespielt.

Ich bin der Meinung, dass die Justiz als gesellschaftliche Reparaturinstanz für gescheiterte Selbstbearbeitung von Konflikten auch als ultima ratio gehandhabt werden sollte. Es gibt viele andere Möglichkeiten, auch in Bereichen, die zwischen den Konfliktbeteiligten streitig bleiben, eigenverantwortlich zu einer Lösung zu kommen. Vor Gericht verliert man die Eigenverantwortung fast vollständig. Wir wissen ja, dass wir auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand sind.

Zunächst einmal spreche ich natürlich auch pro domo, wenn ich auf die Möglichkeit eines Mediationsverfahrens hinweise. Mediation ist auch als Versuch einer echten Konfliktlösung auch dann noch sinnvoll, wenn außergerichtliche Verhandlungen zwischen den Parteien (und ihren Anwälten) gescheitert sind. Da Juristen gewohnt sind, ausschließlich Sachkonflikte zu bearbeiten, spielen für sie Emotionen, Wünsche und Bedürfnisse eine nur untergeordnete oder sogar störende Rolle (Hierüber habe ich hier bereits gepostet).

Manchmal bedarf es aber (auch in der Mediation) der Klärung von Fragen, über die man sich nicht einig werden kann bzw. bei denen man darüber einig ist, dass man sich uneins ist (we agree to disagree). Braucht man dann das Gericht? Nein! Es gibt viele Möglichkeiten, derartige Differenzen zu klären. Möglich ist zum Beispiel die (gemeinsame) Beauftragung eines Sachverständigen als Schiedsgutachter. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es sich um eine Fachfrage handelt, über die unterschiedliche Vorstellungen bei den Parteien vorhanden sind (dies könnte auch die Klärung einer abstrakten rechtlichen Frage sein). Möglich wäre auch, einen Schlichter bezüglich des streitigen Gegenstands einzuschalten, der dann einen begründeten Schlichtungsvorschlag unterbreitet. Nicht zuletzt könnte auch ein Schiedsverfahren über den begrenzten Streitpunkt eingeleitet werden.

Bei einer solchen Konfliktlösungssrategie behalten die Konfliktbeteiligten die Kontrolle über das Verfahren. Es wird ihnen nicht vom Gericht vorgegeben. Zudem können die Parteien den Streit eingrenzen und ausschließlich die tatsächlich streitigen Punkte klären lassen. Wenn Sie Ihr Auto wegen eines Defekts an der Karosserie in die Werkstatt geben, wollen Sie doch auch nicht, dass die Werkstatt das gesamte Auto zerlegt und überprüft. Das Gericht überprüft aber den Rechtsstreit vollständig rechtlich, ob sie das wollen oder nicht.

Ich denke aber, es ist sinnvoller, wenn die am Konflikt beteiligten selbst die Kontrolle über ihren Konflikt behalten und die Art und Weise, wie eine Lösung aussehen soll. Das setzt aber bei den Konfliktmanagern eine Abkehr von der Einbahnstraße zum Gericht voraus. Und die Gerichte würden auch noch erheblich entlastet.