Die Saarbrücker Zeitung berichtet heute, dass im Saarland weit mehr als die Hälfte aller Ehen wieder geschieden wird (55 %). Hier gehts zu dem Artikel.

Dies bringt vermehrt auch Arbeit für die Mediatoren, da die Trennungs- und Scheidungsmediation der bekannteste Bereich für Mediation ist und (zumindest manchmal) noch der Wille vorhanden ist, die Trennung und Scheidung mit Würde hinter sich zu bringen.

Was mich allerdings immer wieder erstaunt (oder zwischenzeitlich nicht mehr), ist die Tatsache, dass viele Trennungswillige zwar recht gut wissen, was sie nicht wollen, nämlich weg von diesem Mann / dieser Frau. Dafür ist man auch bereit, möglicherweise Nachteile in Kauf zu nehmen. Was aber fast keiner weiß, ist, wohin er will. Fast keiner hat irgendwelche konkrete Vorstellungen von seiner Zukunft. Oft reagieren Scheidungswillige völlig erstaunt, wenn man sie fragt, wozu sie sich scheiden lassen wollen. Warum wissen sie in der Regel.

Ist das denn so wichtig? Ich meine ja! Die wenigsten Trennungskandidaten realisieren, dass eine Beziehung – auch wenn man das gern möchte – nicht mit der Trennung oder Scheidung beendet ist. Dies gilt in besonderem Maße, wenn Kinder aus der Verbindung hervorgegangen sind. Dann muss man sich klar machen, dass man auch nach der Trennung und Scheidung zum Wohl der Kinder noch zusammenarbeiten muss. Die Beziehung bleibt bestehen und man kann den anderen auch nicht aus dem eigenen Leben heraus radieren. Dies gilt aber auch dann, wenn keine Kinder zum Zusammenarbeiten zwingen. Auch dann ist die Beziehung durch die Scheidung nicht beendet, wenn man es nicht schafft, die vergangene Beziehung zu bearbeiten.

Wir raten daher den Beteiligten einer Trennungs-/Scheidungsmediation in aller Regel dazu, die Paarproblematik mit Hilfe von Therapeuten oder Psychologen zu bearbeiten. Erst wenn man es schafft, mit dem ehemaligen Partner – zumindest im eigenen Kopf – Frieden zu schließen, kann man auch loslassen.

Wie viele Auseinandersetzungen um Sorgerecht, Umgangsrecht und wie viele Umgangsverweigerungen von Kindern sind letztlich dem nicht verarbeiteten Paarkonflikt geschuldet und es leiden nicht zuletzt die Kinder darunter.

Wer für sich nicht geklärt hat, wozu er sich trennt bzw. scheiden lässt, wird aus der vergangenen Beziehung auch keine Erkenntnisse gewinnen und wird wieder blind in eine Partnerschaft stolpern und sich wundern, dass ihm in der nächsten Partnerschaft das gleiche widerfährt wie in der vergangenen.

Und: Wer die Frage nach dem Wozu nicht beantwortet hat, hat auch die Frage nach dem Warum nicht vollständig beantwortet oder hat zumindest eine Entscheidung ohne vollständige Informationen getroffen. Denn zu einer richtigen Entscheidung gehört nicht nur die Beantwortung der Frage, was ich nicht mehr will, sondern auch die Beantwortung der Frage, was ich stattdessen will. Denn erst dann habe ich zwei Alternativen, die ich gegeneinander abwägen kann.

Viele haben aber darauf – auch bei einigem Nachdenken – gar keine Antwort. Hier hilft dann die „Wunderfrage“: Stellen Sie sich vor, heute Nacht käme eine gute Fee an Ihr Bett und würde alle Ihre Probleme wegzaubern. Woran würden Sie das morgen früh merken? Manchmal fällt einem dann auf, dass es nicht der andere Partner ist, der/die sich ändern müsste.

Und vielleicht gäbe es dann nicht so viele Scheidungen.