Beim Aufräumen meines Bücherschranks ist mir das Buch von Karl-Peter Winters „Der Rechtsanwaltsmarkt“ aus dem Jahr 1989 in die Hände gefallen. Als dieses Buch erschien gab es etwas über 50.000 Rechtsanwälte in Deutschland (seither hat sich die Zahl mehr als verdreifacht), es gab noch ein Verbot der überörtlichen Sozietät, ein Zweigstellenverbot und die grundlegenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum anwaltlichen standesrecht (BVerfGE 76, 171 und BVerfGE 76, 196) waren gerade einmal zwei Jahre alt und das gesamte Standesrecht war im Umbruch. Keiner wusste damals so richtig, wo der Zug hingehen würde.

In diesem Buch hatte Karl-Peter Winters sechs Thesen zur erfolgreichen Anwaltskanzlei der Zukunft verfasst, die eigentlich auch heute noch Gültigkeit haben:

1. Qualität ist wichtiger denn je
Dass angesichts der derzeitigen Anzahl von Anwälten die Qualität der anwaltlichen Dienstleistung wichtig ist, dürfte kaum zu bestreiten sein und dieses Postulat gilt sicherlich auch für die Zukunft. Richtig führt Winters hier aus: „Dabei entscheidet nicht nur die Qualität der Rechtsberatung, sondern die Qualität komplexer Problemlösungen einschließlich des außerrechtlichen Beratungspotenzials:“

2. Anwaltliches Marketing scheidet Gewinner von den Verlierern
Auch diese These hat heute noch ihre Gültigkeit. Was nutzt die beste Qualität, wenn sie auf dem Markt nicht kommuniziert wird. Dass hier die Medien wie Hompages und Social Media eine Rolle spielen würden, war damals noch nicht vorhersehbar.

3. Moderne Anwaltskanzleien kommen ohne Kanzleimanagement nicht aus
„Die Anwendung moderner Management-Methoden bei der Führung der Kanzlei entscheidet wesentlich über deren Leistungsvermögen. Dies gilt für die Organisationsstruktur, die Kommunikationstechnik, die Ausstattung – aber vor allem für die Personalauswahl und -führung. Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter spielen eine entscheidende Rolle.“ so Winters. Dem ist nichts hinzuzufügen!

4. Nur bei ständigen Investitionen kann der Erfolg der Anwaltskanzlei gesichert werden
Ich denke, dass dieser Punkt in der Zukunft wieder an Bedeutung gewinnen wird. Nachdem nun mittlerweile EDV in allen Kanzleien ihren Einzug gehalten hat, wird im Rahmen der Veränderung des Verhaltens der Mandanten die Möglichkeit von Kommunikation zu jeder Zeit und immer weiter im Vordergrund stehen. Dies gilt auch – wie von Winters formuliert – für Personalinvestitionen durch Schulung und Ausbildung.

5. Die erfolgreiche Anwaltskanzlei kommt ohne Planung nicht mehr aus
Winters postuliert hier ein Unternehmenskonzept, eine Marketingstrategie sowie eine Personal- und Finanzplanung auch für kleine Kanzleien. Auch diese These hat nichts von ihrer Aktualität verloren und viel zu wenige Kanzleien haben derartige Planungen.

6. Über den Erfolg der Anwaltskanzlei entscheidet künftig die Kompetenz zur Unternehmensführung in gleicher Weise wie Rechtskenntnisse
Auch dies eine These, die nach wie vor gültig ist. Nach wie vor sind – wie Winters vor 23 Jahren feststellte – die „Management-Strukturen“ der Anwaltskanzleien in vielen Fällen „archaisch“.