Über kaum ein Thema wird in Trennungs- und Scheidungssituationen so ausgiebig und intensiv gestritten wie über Unterhalt. Dies gilt natürlich auch für Mediationsverfahren. Hier ist es besonders schwierig, als Mediator durch entsprechende Gesprächsführung die Klienten davon abzuhalten, sich in endlose Basarverhandlungen zu verstricken.

Der erste Schritt muss sein, den Klienten begreiflich zu machen, dass – abgesehen von völlig unproblematischen Fällen – in der Regel sich ein Unterhaltsbetrag nicht einfach mathematisch errechnen lässt, sondern dass hier durchaus Wertungsfragen bei deneinzelnen Positionben des Einkommens und der anrechenbaren Belastungen auftreten können. Da der Mediator selbst neutral bzw. allparteilich ist, kann er selbst als Jurist keine Unterhaltsberechnung vornehmen. Er kann allenfalls grundsätzlich erklären, wie Unterhalt berechnet werden kann. Ein verantwortungsvoller Mediator wird seine Klienten aufordern, sich durch die jeweiligen Beratungsanwälte den Unterhalt berechnen zu lassen.

Die Ergebnisse der Berechnung werden in der Regel voneinander abweichen, weil jeder Anwalt zunächst einmal alle Grundlagen der Unterhaltsberechnung im Sinne seines Mandanten berücksichtigt bzw. außer Betracht lässt. Allerdings wird das Ergebnis der Berechnungen dafür sorgen, dass gewisse Punkte unstreitig werden und die noch zu erörternden Probleme konkretisiert werden.

Dieser Annäherung an eine Konsenslösung mit juristischen Mitteln stelle ich in der Familienmediation immer eine zweite Lösung gegenüber. Die juristische Lösung basiert immer auf der Vergangenheit, will sagen, es wird aufgrund des bisherigen Einkommens eine Unterhaltsverpflichtung berechnet. Mediation will aber die Zukunftsperspektive in den Mittelpunkt stellen. Aus diesem Grund lassen wir die Klienten den tatsächlichen Bedarf ermitteln. Grundlage ist ein Fragebogen über die festen und variablen Ausgaben der Klienten. Es handelt sich hier um einen leicht modifizierten Fragebogen aus dem Buch von John M. Haynes, Reiner Bastine, Gabriele Link und Axel Mecke „Scheidung ohne Verlierer“ (dort Seite 85/86).

Haben die Klienten mit diesem Hauhaltsplan den jeweiligen Lebensbedarf ermittelt, stellen wir dem die gemeinsamen Einnahmen gegenüber. Übersteigt das verfügbare Einkommen den kumulierten Bedarf der Klinten, ist es meist problemlos möglich, eine Konsenslösung zu erreichen. In der Regel übersteigt aber der Bedarf beider Klienten das kumulierte Einkommen. Nun kann auf der Grundlage der Hauhaltsplände und der Einkommensermittlung diskutiert werden, wie das gemeinsame Einkommen erhöht oder der Bedarf einvernehmlich verringert werden kann. Hier ist dann auch Raum dafür, eine Klärung mit den Klienten herbeizuführen, welche Interessen hinter den einzelnen Positionen des Haushaltsplans stehen.

Aus den Eckpunkten, hier Berechnung des Unterhalts nach Düsseldorfer Tabelle, dort Berechnung des Unterhaltsbedarfs nach Haushaltsplan, lässt sich dann eine Konsenslösung mit den Klienten entwickeln.

Sicher macht es einem Unterhaltsverpflichteten dann nicht wirklich mehr Freude, Unterhalt zu zahlen. Wenn der Unterhalt aber nicht nur theoretisch anhand der Düsseldorfer Tabelle errechnet wurde sondern bei der Berechnung ein konkreter nachvollziehbarer Bedarf zugrunde gelegt wurde und auch die eigenen Interessen berücksichtigt wurden, lässt sich zumindest die Unterhaltspflicht besser ertragen.

Dies gilt um so mehr, als nach den neuen Unterhaltsregelungen für den nachehelichen Unterhalt nach dem dritten Lebensjahr der Kinder die Frage des Unterhalts ohnehin Billigkeitserwägungen unterliegt, die jetzt erst von der Justiz konkretisiert werden. Gerade Billigkeitserwägungen lassen aber Raum für mediative Lösungen.