„Sollen wir wirklich aufhören, von einer besseren Welt zu träumen?

Natürlich nicht. Aber genau das geschieht. Optimismus oder Pessimismus sind mittlerweile Synonyme für einen ausreichendes Maß oder einen Mangel an Verbrauchervertrauen. Radikale Ideen für eine andere Welt sind beinahe buchstäblich undenkbar geworden. Wir haben unsere Erwartungen bezüglich dessen, was wir als Gesellschaft erreichen können, deutlich zurückgeschraubt. Nun stehen wir vor der kalten, harten Wahrheit, dass uns ohne die Utopie nur die Technokratie bleibt. Die Politik ist zu bloßer Problemlösung verkommen.“

Dies schreibt Rutger Bregman in seinem bereits 2016 erschienenen Buch „Utopien für Realisten“.

Leider ist das, was Rutger Bregman in seinem Buch beschreibt, nur zu wahr. Nur zu deutlich konnte man das gestern (15.11.2020) bei Anne Will beobachten. Sie machte damit den Anfang zur Themenwoche der ARD zum Thema „wie wollen wir morgen leben?“. Hier hätten die drei Aspirant:innen auf den Kanzler:innen-Posten, nämlich Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Friedrich Merz, einmal ihre Utopien und Visionen von sich geben können. Tatsächlich haben sie jedoch lediglich über die bekannten Probleme wie Coronakrise, Schuldenbremse und Ähnliches diskutiert. Lediglich am Schluss blitzte einmal auf, dass Annalena Baerbock durchaus noch Visionen hat. Dabei hätte die Themenstellung durchaus Gelegenheit geboten, einmal den Boden der von den Politikern immer so einfach dargestellten Problemlösung zu verlassen und einmal darzulegen, wie sich die Beteiligten eine ideale Zukunft vorstellen könnten, die sie gern anstreben würden. So blieb weitgehend wieder nur die Technokratie und die bloße Problemlösung. Und dann wundern sie sich, dass sie die Bundesbürger nicht begeistern können.

Wie ist es mit Ihnen? Haben Sie noch Utopien und Visionen? Oder sind sie auch bereits völlig desillusioniert?

Ich habe durchaus noch Visionen. Eine dieser Visionen ist es, dass die Menschen ihre Konflikte eigenverantwortlich (gegebenenfalls mithilfe von Mediator:innen) selbst lösen anstatt irgendwelche Autoritäten zu bitten, die Konfliktlösungen für sie zu übernehmen und sich dann zu wundern, dass die Konfliktlösungen nicht ihren Vorstellungen entspricht. Ich habe diese Vision auch noch nach mehr als 20 Jahren als Mediator nicht verloren und ich glaube daran, dass Mediation die Zukunft der Konfliktlösung darstellt.

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