Die Rolle des Rechts und der Macht in der Mediation wurde immer wieder thematisiert. Es sind auch zwei schwierige Themen in diesem Zusammenhang, wobei das eine vom anderen nicht zu trennen ist.

Der gängige Ausdruck ist der, dass Mediation „im Schatten des Rechts“ stattfindet. Das bedeutet, dass wir uns bei der Mediation meistens im Bereich der Privatautonomie bewegen (deshalb wird auch gern darüber diskutiert, ob außerhalb der Privatautonomie wie z.B. im öffentlichen Recht überhaupt Raum für Mediation Ion ist). Die Privatautonomie des Zivilrechts lässt in den Grenzen des G ersetztes- und Sittenverstoßes weitgehend Raum für jegliche kreative Vereinbarung.

In diesem Bereich kommt den gesetzlichen Regelungen allenfalls die Aufgabe zu, allenfalls eine Sicherungslinie einzuziehen, wenn die Parteien sich nicht einigen können oder etwas schlicht und einfach nicht geregelt haben. Das ist den Konfliktparteien oft nur schwer beizubringen.

Das gilt um so mehr, als die gesetzlichen (oder das was die Richter daraus machen) für die Beteiligten natürlich auch die beste (oder schlechteste) Alternative zum erstrebten Ergebnis darstellen. Denn das ist das Ergebnis, das ich auch ohne oder gegen den Willen der anderen Partei durchsetzen kann.

Daher gibt das Recht den Konfliktparteien auch Macht oder Ohnmacht. Hier ist es Aufgabe des Mediators, den Beteiligten klar zu machen, dass man einmal von diesem vermeintlichen Rechtsanspruch im Interesse einer konsensualen Einigung nicht Gebrauch machen muss und dass zum anderen die Zwangsweise Durchsetzung des vermeintlichen Rechts nur um den Preis des Verlustes der Beziehung zum anderen Konfliktpartner möglich ist.

Oft hilft es bereits, die Partei, die meint Recht zu haben, auch darauf hinzuweisen, dass in vielen Bereichen das Recht bekommen auch von vielerlei Bewertungen des Richters abhängt und dass der Weg zurück an den Mediationstisch dann schwierig wird.

An dieser (Über-) Bewertung des Rechts durch die Konfliktpartner liegt es auch oft , dass manche Mediation dann scheitert, wenn die Beratungsanwälte ins Spiel kommen. In der Mediation ist es durchaus wichtig und gewollt, dass sich die Konfliktpartner auch anwaltlich beraten lassen. Nur so können sie selbstbestimmt an einer Lösung mitarbeiten. Es liegt auch (größtenteils) nicht an den Anwälten, dass die Rechtsberatung dieses Ergebnis zeitigt. Hier wäre es wünschenswert, wenn die Beratungsanwälte die Konfliktpartner darauf hinweisen würden, mit welchen Risiken die von ihnen im Interesse der von ihnen beratenen Mandantschaft mitgeteilten Rechtsmeinung verbunden ist. Auch wäre ein Hinweis hilfreich, dass die Durchsetzung des Anspruchs ohne Rücksicht auf die andere Partei die Beziehung zwischen den Parteien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zerstört und dass die Privatautonomie das, was rechtlich eventuell durchsetzbar wäre, nicht zwangsweise vorschreibt (eine Vorstellung, die aber auch in den Köpfen mancher Anwälte aufgrund ihrer juristischen Tätigkeit fest verdrahtet zu sein scheint).

„Entscheidend ist nicht die Frage, ob man Macht hat, entscheidend ist die Frage, wie man mit ihr umgeht.“ (Alfred Herrhausen, dt. Bankier)