ich denke, mit dieser Frage müssen sich die Anwaltsorganisationen und jeder einzelne, der Dienstleistungen im Bereich des Rechts anbietet, auseinandersetzen.

Digital Natives sind kurz gesagt die Generation(en), die zu einer Zeit aufgewachsen sind, als bereits digitale Technologien verfügbar waren (siehe Wikipedia). Alle anderen sind bestenfalls Digital Immigrants, das sind die, die sich mit der digitalen Technologie arrangiert oder angefreundet haben.

Ich denke, dass die digital Natives die digitalen Medien vollkommen in ihr Lebensumfeld eingebunden haben bzw. es für sie völlig selbstverständlich ist, sie zu benutzen.

Daher wird sich die Form der Rechtsdienstleistungen im Lauf des Generationenwechsels auch (stark) verändern. Sicherlich trifft es heute noch zu, dass für die Mehrzahl der Mandanten es noch (selbstverständlich und) angenehmer ist, mit dem Rechtsanwalt die Angelegenheit telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch zu erörtern. Aber genau so, wie es für uns noch ein Vergnügen ist, ein Buch in die Hand zu nehmen, umzublättern und zu lesen, so ist es für die neue Generation selbstverständlich und nicht weniger vergnüglich, digitale Bücher zu konsumieren. Während wir von der Haptik eines Buches schwärmen, schwärmt die digitale Generation von der Haptik eines Tablet. Deshalb wird die digitale Generation selbstverständlich auch den Kontakt zu ihrem Rechtsdienstleister auf digitalem Weg aufnehmen und von ihm auch keinen Brief sondern eine Mail oder SMS erwarten.

Die digital Natives sind auch gewohnt, sich Informationen zunächst im Web selbst zu beschaffen und erst dort eine (kostenpflichtige) Dienstleistung in Anspruch nehmen, wo spezielle, nicht allgemein verfügbares Wissen notwendig ist. Demnach werden die einfachen Rechtsdienstleistungen zu einem großen Teil kostenlos selbst erbracht werden (der Do-It-Yourself-Mandant). Er wird sich allenfalls Teilleistungen kostenpflichtig beschaffen. Das wird vor allem im angelsächsischen Rechtsbereich unter dem Begriff „unbundled legal services“ diskutiert.

Die digital Natives erwarten auch selbstverständlich, dass ihr Rechtsanwalt über eine Web-Präsenz verfügt (ich staune immer wieder, wie viele Kanzleien noch nicht einmal über eine einfache Homepage verfügen). Zu dieser Web-Präsenz wird ebenso selbstverständlich ein Portal für die Mandanten erwartet, über das sie sich die Informationen über ihr Anliegen verschaffen können, in dem sie die erstellten und eingegangenen Informationen (wie etwa Briefe, Termine etc.) jederzeit abrufen können und über das sie mit ihrem Anwalt Kontakt aufnehmen können. Dies alles muss so einfach wie etwa Facebook, Twitter etc. zu nutzen sein.

Damit einher geht – das merken die Anwälte ja nicht erst seit heute – dass auch die erwartete Reaktionsgeschwindigkeit immer schneller wird. So wie man erwartet, dass die Suchmaschine das Suchergebnis innerhalb kürzester Zeit ausgibt, so wird erwartet, dass der Anwalt auf eine Anfrage nicht erst Stunden oder Tage später reagiert, soweit die Informationen nicht ohnehin im Mandantenportal zum jederzeitigen Zugriff bereit liegen.

Durch diese Art der Rechtsdienstleistung wird auch der örtliche Bezug immer mehr verloren gehen. Das bedeutet, dass es für den Mandanten völlig gleichgültig ist, ob sich die Kanzlei (sofern eine solche noch verlangt wird) am oder in der Nähe des Wohnortes des Mandanten befindet. Das erhöht natürlich den Konkurrenzdruck unter den Anwälten noch weit mehr, als das heute der Fall ist. Jeder Anwalt wird sich noch mehr als heute überlegen müssen, wie er sich und seine von ihm angebotenen Dienstleistungen platziert und präsentiert. Der Feld- Wald und Wiesen-Anwalt, der sich heute vielleicht noch mancherorts halten kann und Mandanten findet, wird dann ein Problem haben.