Wünsche und Bedürfnisse sind nicht immer „politisch korrekt“. Gerade in Trennungs- und Scheidungsmediationen geht es oft um Rachegelüste (der soll dafür büßen, dass er mich mit den Kindern sitzen gelassen hat) oder eben schlicht um egoistische Wünsche (sind nicht die meisten Wünsche und Bedürfnisse egoistisch?), die man aber nicht als solche zu äußern wagt. Sie werden dann oft hinter den Interessen von Dritten versteckt (die Kinder hängen so an dem Haus anstatt ich möchte gern weiter im Haus wohnen).

Hier ist es Aufgabe der Mediatorin bzw. des Mediators, die Beteiligten dazu zu bringen, ihre eigenen Bedürfnisse und Interessen zu benennen, auch wenn sei von der oder dem Beteiligten für egoistisch gehalten werden und deshalb nicht gern als solche offenbart werden. Auch gilt es, durchaus die (wohl von den Beteiligten selbst so empfundenen) „niedrigen“ Beweggründe und Interessen auf den Tisch zu legen. Es nützt nichts, sie zu ignorieren, weil sie ansonsten einer Lösung immer im Wege stehen werden –  sie sind nun einmal als Gefühl, Bedürfnis oder Interesse vorhanden! Die Mediatorin bzw. der Mediator müssen dann mit den Beteiligten erarbeiten, wie mit diesen Interessen umgegangen werden kann oder ob sie in irgendeiner Form befriedigt werden können. Oft sind die Rachegelüste bereits erledigt, wenn die andere Partei die Verletzungen anerkennt und sich hierfür entschuldigen kann. Vielleicht gelingt es auch, die eigenen Anteile des Verletzten erkennbar und akzeptierbar zu machen.

Oft sind sich die Medianden selbst ihrer eigentlichen Interessen nicht wirklich bewusst. Sie wissen zwar, was sie nicht (mehr) wollen, aber was sie wollen, wohin die Reise eigentlich gehen soll, haben sie sich selten konkret überlegt. So ist es oft die Mediatorin oder der Mediator, die den Medianden bei der Bewusstwerdung und Formulierung behilflich sind.

Liegen auch die politisch nicht korrekten Bedürfnisse auf dem Tisch, ist es in aller Regel viel einfacher, eine Lösung zu erarbeiten, die den Interessen beider Medianden weitestgehend entgegen kommt.

Eine derartige lösungsorientierte Arbeit kann nur die Mediation leisten. Im Gerichtsverfahren wird nicht nach den Interessen und Wünschen gefragt, hier geht es nur um Fakten (der Vergangenheit), die Grundlage einer (fremdbestimmten) Entscheidung des Gerichts sind. Ob damit die Bedürfnisse der Beteiligten (oder wenigstens einer/s Beteiligten) befriedigt werden, spielt für das Gericht keine Rolle oder wird unterstellt, indem dem Antrag stattgegeben wird (oder nicht). Dass der Anspruch aber nicht das Interesse darstellt, ist den meisten Juristen nicht bewusst oder wird ignoriert, weil es unjuristisch ist.

Das Problem wird eben auf der Ebene gelöst, auf der es entstanden ist. Dass das nicht geht, hat bereits Albert Einstein festgestellt, aber der ist ja erst vor 61 Jahren gestorben.